In letzter Zeit tauchen sie immer wieder auf: die Bilder der guten alten Schreibmaschine. Das mag mit der Sicherheit zusammenhängen, denn ein auf der Schreibmaschine geschriebener Brief erreicht in erster Linie den Adressaten und nicht irgendwelche unerwünschten Mitleser. Zudem verbraucht die Nutzung nur Energie, die kostenfrei ist, die des Menschen.
Das Schreiben auf der Schreibmaschine ist jedoch im Vergleich zum PC mühselig, so dass die meisten gerne darauf verzichten. Die Entwicklung von der Schreibmaschine zu den heutigen Möglichkeiten erscheint mir dennoch interessant, beinhaltet sie nicht nur ausschließlich Vorteile.
Back to the Roots?
Dabei war die Schreibmaschine schon damals eine Revolution, machte sie doch den Sekretär, der an seinem Stehpult noch in schönster Schrift sorgfältig Briefe und Urkunden schrieb, überflüssig. Erst mit der Schreibmaschine wurde die Tätigkeit des Schreibens weitestgehend Frauen übertragen. Den Beruf des Sekretärs findet man heute fast ausschließlich in der Politik, der weniger mit dem Schreiben als mit der Organisation befasst ist.
Es ist also nicht das erste Mal, dass eine technische Errungenschaft im Bereich der Administration zur Veränderung bei Berufen gesorgt hat.
Sekretär – Sekretärin – Officemanagerin
Die erste marktreife Schreibmaschine gab bereits 1865 und wurde in den Folgejahren stets weiterentwickelt. Immerhin war die Schreibmaschine über 100 Jahre die einzige Möglichkeit Briefe und Dokumente schnell und sauber zu erstellen.
Der nächste Schritt geschah in einem kürzeren Zeitraum, aber gewaltiger. Zwar gab es die ersten Computer schon in den 40iger Jahren des letzten Jahrhunderts, aber noch in den 70iger Jahren galt der Computer fast ausschließlich als Möglichkeit für große Firmen, um z. B. die Buchhaltungstätigkeiten zu vereinfachen. Dass diese großen Anlagen nur gemietet werden konnten, zeigt dieser Artikel des Spiegel von 1971, in dem es um die Anschaffung eines AEG-Rechners für den Bundestag geht. Der schlug monatlich(!) mit 69.240 DM zu Buche.
Mit die Einführung des personalisierten Computers mit Tastatur und der Möglichkeit, das Geschriebene sofort auszudrucken, überschlugen sich die Entwicklungen. Fehler schienen ab dem Zeitpunkt kein Problem mehr, konnten sie doch einfach korrigiert werden. Individualisierte Software ermöglicht unendliche viele Nutzungsmöglichkeiten, die weit über schreiben und kalkulieren hinausgehen.
Mit der Routine setzte wohl die Schludrigkeit ein. Die Fehlerquote in geschriebenen Texten hat seither drastisch zugenommen. Nur noch wenige lesen ihre Texte, bevor sie sie weiter leiten. Damit bekommt ein alter Beruf wieder Gewicht: der Lektor.
Steter Wandel
Aufgabenbereiche im Büro
Und wie immer, wenn Berufe verschwanden, kamen neue dazu oder veränderten sich:
- Büroservice und Buchhaltung müssen sicher mit Programmen umgehen können
- Büroorganisation und Projekte befassen sich mit strukturellen Aufgaben
Gesundheit
Mit der Technik wandelten sich die gesundheitlichen Beschwerden:
- Zu wenig Bewegung war schon immer das Problem von Schreibtischtätigkeiten. Der Sekretär hatte noch ein Stehpult. Interessant, das gerade das Stehpult für immer mehr eine Alternative zum Schreibtisch wird
- Hatten früher Sekretärinnen überwiegend Sehnenscheidenentzündungen, da die Tastatur der Schreibmaschine sehr hart war, kommt heute der Mausarm dazu
- Mangelnde Ruhephasen kamen früher durch lange Arbeitszeiten, heute durch die ständige Erreichbarkeit und die Vielfalt der Aufgaben
- War es früher schlechte Beleuchtung, so ist es heute in erster Linie der Bildschirm, der zur Belastung der Augen wird
Tempo und Anpassung
Das Internet beschleunigte die Änderungen in Arbeitsabläufen und Berufsbildern in bisher noch nie dagewesener Geschwindigkeit.
- Vorträge werden optisch und digital aufbereitet
- Designer kümmern sich um das optische Erscheinungsbild – online wie offline
- Dokumente, Informationen und Kommunikation erreichen in “Echtzeit” Partner rund um den Erdball
- Ständige Erreichbarkeit und technische Entwicklungen führen den Menschen an die Grenzen seiner Belastbarkeit
Altes ist nicht immer antiquiert
Inzwischen werden mit Hilfe der Hirnforschung Zusammenhänge zwischen der Bewegung der Hand und der Aufnahmefähigkeit des Gehirns deutlich. So lernt jemand seine Vokabeln besser, wenn er sie mit der Hand schreibt, als wenn er sie in den Computer tippt.
Vielleicht sollte man wieder dazu übergehen und mehr mit der Hand schreiben. Ich merke es selbst, wie schlecht meine Handschrift geworden ist und wie schnell meine Konzentration abnimmt, während ich lange am PC schreiben kann. Fehler lassen sich am PC schnell verbessern, so dass mangelnde Konzentration keine größere Rolle spielt.
Dass Schrift mit Konzentration und Hingabe zu tun hat, zeigen die alten Schriftstücke und Urkunden, die noch per Hand geschrieben wurden – auch noch in den Anfangszeiten der Schreibmaschine.
So wie das Stehpult wieder Eingang in den Büroalltag findet und Stift und Papier die Konzentrationsleistung fördern können, so sollte auch wieder etwas mehr Langsamkeit einkehren.
Die Vorteile des PC könnten ruhig mit den alten Kenntnissen in der Büroarbeit in Einklang stehen.
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Seit Jahren bin ich als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei. Meine Kollegen machen sich hin und wieder mal lustig, dass ich ab und zu die alte Schreibmaschine benutze. Ich finde, dass die Arbeit an der Schreibmaschine sehr entspannend ist und mir persönlich auch Spaß macht.