Wenn ich so die Klagen des Einzelhandels höre, könnte ich wirklich glauben, dass Onlineshops das Geschäft verderben und zu Geschäftsaufgaben zwingt. Ganz so einfach ist das Problem aber nicht. Viel hängt mit Service oder Spezialangeboten zusammen. Die Existenz nebeneinander kann also durchaus verbraucherfreundlich sein.
Ich halte diese Angst vor Onlineshops für reichlich übertrieben, denn ein gutes Konzept aus Angebot und Service, gepaart mit Onlineangeboten, kann den Einzelhandel meines Erachtens in einigen Sparten sogar stärken. Andere Bereiche tangieren den Einzelhandel gar nicht, das Warenangebot ist zu groß, um es entsprechend zu präsentieren.
Onlineshops sind in Teilen durchaus attraktiv
Bestellen über das Internet ist eine bequeme Angelegenheit. Ferner sind Sie unabhängig von Zeit und Wetter.
Die Vorteile liegen klar auf der Hand:
- Ein großes, vergleichbares Angebot unterschiedlicher Anbieter
- Die Vielseitigkeit des Warenangebots von Handarbeiten bis Spezialmaschinen
- Unabhängig von Öffnungszeiten, was besonders für Berufstätige eine Entlastung ist.
- Die Erreichbarkeit ist von jedem Punkt aus gegeben. Das ist vor allem für die Bevölkerung außerhalb der Städte von Vorteil, da dort kaum noch Einkaufsmöglichkeiten, außer den Discountern, bestehen.
Für Berufstätige, die abends nach einem anstrengenden Arbeitstag gerne auf langes Warten an der Kasse verzichten, gehen die Anbieter vom Biogemüsehändler bis zum Discounter vor Ort dazu über, einen Lebensmittelservice als Onlineshops anzubieten. Dabei ist die Idee Lebensmittel zu liefern gar nicht so neu. Das hat es schon zu Zeiten der berühmten Tante-Emma-Läden gegeben.
Im Grunde übernimmt der Onlinehandel heute die Aufgaben, die früher der Versandhandel ausgeführt hat. Anders als der Versandhandel, der eine breite Angebotspalette hatte, beschränken sich der Onlineshops eher auf Sparten und Spezialprodukte.
Onlinehandel ist rückläufig
Nach der ersten Phase der Euphorie kehrt Ernüchterung ein, der Boom scheint vorbei zu sein. Vor allem kleinere Onlinehändler sind davon betroffen, deren Angebote nur Insidern bekannt sind. Aber auch andere Warengruppen finden weniger Absatz.
Lieferung, aber auch Retouren sind mit einigen Nachteilen verbunden:
- Anlieferung
Wer seine Ware bestellt, ist oft bei der Lieferung nicht zu Hause. Nachbarn, denen es manchmal lästig ist, alle Pakete anzunehmen, gehen auf Distanz.Ich kann zwar im Internet verfolgen, wo sich meine Ware gerade befindet, um welche Uhrzeit der Lieferservice genau kommt, erfahre ich trotzdem nicht.
- Retouren
Das Zurückschicken von Waren ist mit Aufwand verbunden. Da die Pakete von unterschiedlichen Paketdiensten kommen, müssen alle Möglichkeiten für die Rücksendung bekannt sein, sind es bei Hermes viele Tankstellen, so muss ich bei DHL zu einer Postfiliale, die auch Pakete annimmt usw. Selbst, wenn ein Paket wieder abgeholt wird, bedeutet das, dass ich dieses Mal wirklich zu Hause sein muss, um auf den Paketdienst zu warten.Zudem hat sich gezeigt, dass gerade bei Bekleidung Retouren bis zu 70 % der Waren ausmachen. Amazon erlaubt pro Kunden nur noch vier Retouren. Auch andere Anbieter überlegen, wie sie diesem teuren Service ausweichen können. Dazu kommt, dass Retouren teilweise beschädigt sind.
- Service
Zum Preis der Waren kommt häufig noch der Versandkostenanteil dazu, was bei „Billigangeboten“ gerne übersehen wird. Eine Beratung entfällt komplett. Die Ware kann nicht auf Qualität geprüft werden. - Umweltbelastungen
Abgesehen von den vielen Kleintransportern, die die Waren ausliefern und die Abgaswerte vor allem in den Innenstädten erhöhen, entsteht ein hohes Volumen an Verpackungsmaterial aller Art. Neben der Erzeugung von Verpackungsmüll wird hier viel Energie in die Herstellung des Verpackungsmaterials gesteckt.
Für Händler ist es schwierig zu entscheiden, wo sie investieren sollen. Bleibt der Onlinehandel konstant oder ist er erweiterbar oder kehrt der Kunde nach der ersten Begeisterung wieder zum Geschäft vor Ort zurück?
Für Spezialgeschäfte mit einem vielfältigen Angebot unterschiedlicher Waren für einen Bereich, die in einem einzelnen Geschäft nicht angeboten werden können, stellt sich diese Frage nicht. Dazu gehört zum Beispiel die breite Palette aller Waren für Büro und Verwaltung sowie Lagerlogistik.
Spezialgeschäfte wie Büromaterial oder Lager profitieren von Onlineshops
Gab es früher noch Spezialgeschäfte für besondere Verbrauchergruppen, finde ich kaum noch solche Läden in den Städten. Bei uns in Reutlingen gibt es noch etwas versteckt einen Modellbauladen und einen Laden mit Bastelbedarf. Jedoch Eisenwaren, Angelbedarf aber vor allem Geschäfte für Bürobedarf gibt es so gut wie gar nicht mehr.
Bürobedarf müsste ich mir wirklich zusammensuchen. Da finde ich teilweise Karten im Buchhandel, besonderes Papier im großen Drogeriemarkt, Stifte im Supermarkt und Kopierpapier in der Postfiliale. Büroeinrichtung gibt es vereinzelt in den großen Einrichtungshäusern. Letztendlich muss auch dort über Katalog bestellt werden.
Wenn es Spezialgeschäfte für Bürobedarf gibt, ist die Auswahl gering. Wer viel braucht, muss die Sachen aus dem Lager holen lassen und anschließend im Auto unterbringen. Je nach Menge ist das ein großer Zeit- und Kraftaufwand.
Gerade beim Bedarf zu Büro und Lagerverwaltung zeigen sich beim Kauf online die Vorteile:
- Auswahl für alle Bereiche des Bürobedarfs vom Stift bis Bürostuhl, vom Kleber bis zur Büroeinrichtung
- Unabhängiger Umfang der Bestellmenge
- Kurzfristige Ergänzungslieferungen
- Leichte Auffindbarkeit durch Artikelnummern bereits bestellter Ware
- Bei großen und schweren Teilen ist die Lieferung an Ort und Stelle oft mit Montage verbunden.
Da Büros immer besetzt sind, ist es gleichgültig, zu welcher Zeit die Ware geliefert wird. Retouren werden nur in sehr seltenen Fällen notwendig sein.
Dennoch sollte auch hier auf die Umwelt geachtet werden. Dazu gehören kurze Lieferwege. Ist für Norddeutschland z. B. Staples ein interessanter Anbieter, ist in Österreich gaerner.at für alle Bereiche von Bürozubehör bis zur Lagereinrichtung als regionaler Anbieter sinnvoll.
Onlinehandel als Ergänzung des Einzelhandels
Ganz verstehe ich diese Aufregung zur Konkurrenz durch den Onlinehandel nicht. Den Versandhandel hat es immer schon gegeben. Da haben die Verbraucher über Katalog eingekauft. Quelle-Läden vor Ort ermöglichten sogar eine direkte Abholung der Ware.
Inzwischen bietet der Einzelhandel vor Ort immer mehr die Möglichkeit an, Waren online zu bestellen. Vor Ort kommt der Service dazu und ich kann entscheiden, ob ich meine bestellte Ware abholen möchte oder sie lieber liefern lasse. Unser Buchhändler vor Ort fährt die bestellen Bücher sogar mit Fahrradkurier aus. Das ist dazu noch umweltfreundlich.
Ich hatte vor einiger Zeit einen Massageball für die Hand gesucht und erfolglos diverse Geschäfte abgeklappert. Dann habe ich den Suchbegriff in Google eingegeben und wurde in einer Apotheke vor Ort fündig. Der Ball war zwar nicht vorrätig, aber ich wurde über E-Mail benachrichtigt, als er da war. In der Apotheke konnte ich sogar noch auswählen zwischen verschiedenen Modellen, Größen und Farben. Da er günstiger war, als ich vermutet hatte, kaufte ich gleich zwei.
Die Initiative Buy Local weist im Besonderen darauf hin, dass der Einzelhandel gestärkt werden muss, damit die Innenstädte attraktiv bleiben.
Es ist wie so oft im Leben: Die Mischung macht es. Es gibt bestimmte Bereiche wie Material rund ums Büro, bei denen der Onlinehandel das Leben erleichtert und andere Dinge, die Sie lieber anfassen möchten oder die persönliche Beratung vorziehen. So wird beides nebeneinander bestehen bleiben, und der Onlinehandel wird sich für den Einzelhandel mit gutem Service als gute Ergänzung erweisen.
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