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Bürodienstleister schreiben für Dienstleister und Unternehmen

Franchise – für wen ist das interessant?

Vor einiger Zeit habe ich gelesen, dass ein Unternehmen Co-Working als Franchise-Unternehmen betreiben möchte. Ich kann mich mit diesem Gedanken nicht so recht anfreunden, denn damit sich die Investitionskosten amortisieren und einen Gewinn abwerfen, müssen schon einige Tische vermietet werden. Das hätte für mich etwas von einem Großraumbüro und ist nicht jedermanns Sache.

Mir stellt sich immer wieder die Frage, ab welchen Umsätzen ist Franchise für einen Einzelunternehmer sinnvoll? Wie sieht es aus, wenn der notwendige Umsatz nur mit Personal erwirtschaftet werden kann? Personal steigert die Kosten oder der Franchise-Nehmer kann nur Minijobs vergeben, die meist mit geringer Bezahlung verknüpft sind.

Ich persönlich habe keine Erfahrungen mit Franchise-Gebern gemacht, beobachte aber schon eine ganze Weile den Markt. Ich möchte mich im Folgenden auf die Dienstleistung rund um das Büro beschränken und mögliche Fallstricke aufzeigen.

Zunächst aber ein Überblick zu dem Modell Franchise an sich.

Franchise-Geber verfügen bereits über ein Marketingkonzept

„Franchising ist ein auf Partnerschaft basierendes Vertriebssystem mit dem Ziel der Verkaufsförderung. Dabei räumt ein Unternehmen, das als so genannter Franchise-Geber auftritt, seinen Partnern (den Franchisenehmern) das Recht ein, mit seinen Produkten oder Dienstleistungen unter seinem Namen ein Geschäft zu betreiben“. Das ist die Definition von Franchise des Deutschen Franchise Verbandes. Auch wenn ein Franchise-Nehmer nicht weisungsgebunden ist, werden ihm oft bis ins Detail die Ausstattung

Bekannt ist beim Einzelhandel z. B. „Nordsee“, im Wellnessbereich „hairfree“ oder in der Gastronomie „Burger King“. Womit ich nur ganz wenige bekanntere Franchisegeber herausgreifen. Mit Hilfe des Markennamens sind diese Einzelunternehmer mit den anderen einer bekannten Kette vernetzt und greifen auf das gleiche Marketingkonzept zurück. Das vereinfacht den Start für einen Franchisenehmer – mehr nicht. Wenn der Franchisegeber weitestgehend unbekannt ist, hilft nicht einmal das Marketingkonzept, weil es bei potentiellen Kunden keinen Wiedererkennungseffekt hat.

Franchise ohne Eigenkapital
Wenn ein Franchiseunternehmen damit wirbt, dass kein Eigenkapital erforderlich ist, sondern nur Monatsbeiträge erhoben werden, sollten Sie das genau ansehen und durchrechnen. Eine monatliche Festgebühr von 380,00 Euro erfordert ein großes Auftragsvolumen mit einem entsprechenden Umsatz. Den Umsatz müssen Sie als Franchisenehmer durch entsprechende Preise oder ein großes Arbeitsvolumen erwirtschaften. Hier ändert sich nichts an der Arbeitsbelastung, aber Sie erwirtschaften einen großen Teil eines möglichen Gewinns für den Franchisegeber. Den Ausgleich durch Provisionszahlung bei Neukundenwerbung
bewerte ich skeptisch. Ein Blick in Teilnehmerlisten zeigt, wie viele Neuzugänge durchschnittlich diesem Unternehmen beitreten. Dazu sollten Sie Verträge und vor allem Vertragslaufzeiten gründlich durchlesen.

„Lizenzmodell“
Ein weiteres Modell ist eine Umformulierung von Franchise zu „Lizenzmodell“. Eine Einstiegsgebühr ist nicht notwendig. Statt dessen werden Lizenzgebühren erhoben, die wohl von der Anzahl der Mandanten abhängen. Manchmal ist es schwierig in solchen Modellen versteckte Kosten auf Anhieb zu erkennen. Hilfen für den Start werden angeboten, die in kostenpflichtigen Seminaren oder Unterlagen erworben werden müssen.

Als Franchise-Nehmer in ein System eingebunden

Franchise heißt, ein bestehendes Konzept mit allem zu erwerben, was dazu gehört. Das kann bis ins Detail von Einrichtung bis zu Kleidung gehen. Beim Bürodienstleister beschränkt sich das im Allgemeinen auf eine einheitliche Gestaltung der Website und der Printmaterialen wie Visitenkarten und Broschüren. Die Eigenständigkeit, die eine Selbstständigkeit interessant macht, tritt damit in den Hintergrund, weil Logo, Farben und Slogans vereinheitlicht sind.

Selbst ein bekanntes System kann zu einem Flop werden, wenn die Zusatzbedingungen nicht passen, wie ein Artikel in der Zeit aufzeigt. Der gescheiterte Franchisenehmer fühlte sich als „Teil der weltweiten Familie“ und übersah, dass er nicht nur auf sich selbst gestellt war, sondern dass Vertragsbedingungen auch Auslegung sein können.

Wer mit seiner Selbstständigkeit gewissermaßen einer „Familie“ angehören möchte, die ihm den Weg weist und bei Schwierigkeiten an die Hand nimmt, sollte sich dreimal überlegen, ob Selbstständigkeit für ihn der richtige Weg ist. Denn hier ist die Selbstständigkeit weder Fisch noch Fleisch. Das gesamte Risiko liegt beim Franchisenehmer, aber die Abhängigkeit und die Einschränkung in den Entscheidungen sind wie früher beim Arbeitgeber vom Franchisegeber abhängig.

Investitionen nicht unterschätzen!

Ich habe bereits ein Franchiseunternehmen zur Büroorganisation nach ca. 5 Jahren verschwinden sehen und beobachte derzeit die Entstehung eines neuen Franchiseunternehmens für Büroservice speziell für Telefonservice. Obwohl Büroservice überwiegend von Frauen ausgeübt wird, sind die Franchisenehmer hier in erster Linie Männer und arbeiten mit angestellten Frauen. Als Investitionssumme werden 65.000-80.000 Euro angegeben.

Da liegt für mich die Krux: Bürodienstleistung fällt eher in den unteren Honorarbereich. Der Wettbewerb ist recht ausgeprägt. Individuelle Konzepte und guter Service sind notwendig, um einen stabilen Kundenstamm aufzubauen. Gute Namen in Referenzlisten von Franchisegebern bedeuten nicht, dass hier eine regelmäßige Zusammenarbeit erfolgt und somit ein Kundenstamm vorhanden ist, auf den der Bürodienstleister aufbauen kann.

Auf der Seite des Deutschen Franchiseverbands können die Bedingungen der einzelnen Franchisegeber nach Banchen sortiert nachgelesen werden. Mischformen werden dort nicht angeben.

Was ist als Franchiseunternehmen geeignet?

Wenn ich mir das Verzeichnis von Franchisegebern ansehe, scheint sich praktisch alles zu eignen. So offenbar auch das Konzept für Co-Working.

Neben Angeboten zu Buchführung gibt es Büroserviceunternehmen gekoppelt mit Telefonservice als „virtuelles“ Sekretariat. Ein Rechenexempel zeigt schnell, dass das geforderte Eigenkapital von 10.000-15.000 Euro mit Preisen für die angebotene Dienstleistung im Monatspaket von 99,00 Euro einen großen Kundenstamm erforderlich macht.

Der interessierte Franchisenehmer bewegt sich wie ein unabhängiger Selbstständiger in dem Umfeld, in dem er sein Unternehmen einrichten möchte und muss sich über alle Details selbst informieren.

Recherche ist oberstes Gebot

Neben allen Informationen, die eine Selbstständigkeit erfordert, müssen Sie die Vertragsbedingungen und Marketingstrategien eines möglichen Franchisegeber hinterfragen. Oft stehen die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen.

  • Marktanalyse: Zielkundenanalyse, Werbung, Ergänzung der Konzeption ggf. zusätzliche Serviceleistungen müssen auch als Franchisenehmer geleistet werden, vor allen Dingen, wenn die der Franchisegeber eher unbekannt ist.
  • Marktsituation: Gibt es ausreichend Interessenten z. B. für Co-Working oder gibt schon andere Bürodienstleister in der Nähe, die einen ähnlichen Bereich anbieten.
     
    Ein Gebiets- oder Konkurrenzschutz für Franchisenehmer ist auf das Franchiseunternehmen beschränkt und greift nicht für Unternehmen des freiberuflichen Wettbewerbs. So kann jeder einen kleineren Co-Workingspace oder Büroservice im Umfeld des Fanchisenehmers betreiben. Der “Marktbegleiter” kann günstiger anbieten kann, weil er geringere Investitionskosten hatte.
  • Standortwahl: In der Marktanalyse zeigt sich, dass an jedem Standort eigene Gesetze herrschen, die genau erforscht werden müssen. Selbst, wenn Sie in Ihrem Umfeld der einzige mit dem Angebot zu sein scheinen, kann das seine Gründe haben.
  • Marketingkonzept: Obwohl ein festes System übernommen wird, muss das Marketingkonzept an die Situation vor Ort angepasst werden. Weniger bekannte Francheisegeber generieren Kunden nicht automatisch, so dass hier verstärkt Werbung und Marketing betrieben werden muss.
  • Vertragslaufzeiten: Lange Vertragslaufzeiten zu Beginn einer Franchisepartnerschaft werden zu zunächst positiv bewertet. Doch sollten Sie gerade dann, wenn die Begeisterung besonders groß ist, daran denken, dass Sie vielleicht sogar selbst irgendwann schnell aus dem Vertrag herauskommen möchten.
  • Eigentümerwechsel: Mit einem Eigentümerwechsel kann ein Wechsel in der Geschäftspolitik verbunden sein. Ein Sonderkündigungsrecht ermöglicht dem Franchisenehmer selbst zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen er mit dem neuen Geschäftspartner weiter zusammenarbeiten möchte.
  • Investitionen: Wer sich einem Franchisenehmer anschließt, hat zu Einstiegsgebühr und ggf. Gewinnbeteiligung exakt die gleichen Kosten wie ein unabhängiger Selbstständiger.

Franchise sollte gut überlegt sein

Franchiseunternehmen finden Sie oft nur in entsprechenden Verzeichnissen. Suchmaschinen finden deren Teilnehmer nur, wenn man diese Namen kennt. Auch finden Sie Franchiseunternehmen rund um die Bürodienstleistung über Suchmaschinen nur, wenn man kennt deren Namen. Neben den teilweisen sehr hohen Einstiegskosten ist der mangelnde Bekanntheitsgrad für mich ein großer Minuspunkt.

Die Angaben zu den Kosten auf den Websites der Unternehmen stimmen zum Teil nicht mit denen in den Verzeichnissen überein.

Achten Sie deshalb auf folgende Punkte:

  • Bekanntheitsgrad:
    Es gibt eine ganze Reihe von Franchiseunternehmen, die eher unbekannt sind. Häufig findet man sie auf Gründermessen. Gerade rund um die Dienstleistung gibt es in fast allen Bereichen unabhängige Selbstständige, mit denen der Franchisenehmer im Wettbewerb steht.

  • Kosten:
    Jeder, der sich mit dem Gedanken trägt, sich einem Franchiseunternehmen anzuschließen, sollte deshalb genau rechnen: Kosten, die ihm zusätzlich entstehen wie Anmietung von Räumen, Marketing, Werbung, Abzahlen des Kredits für das Einstiegsgeld, Gebühren an das Franchiseunternehmen, Pflichtseminare(!) oder Workshops sowie laufende Kosten Ihres Unternehmens.

    Falls Preise für Kunden vorgeschrieben sind, müssen Sie diese auf eine Gewinnspanne überprüfen.

  • Risiko:
    Das unternehmerische Risiko obliegt vollständig dem Franchisenehmer. Dazu gehört auch die Kundengewinnung und erweist sich genauso schwierig, wie ohne den „starken“ Partner im Hintergrund.

    Die Hoffnung, durch bestehende Marketingstrukturen auf Akquise weitgehend verzichten zu können und so eine Selbstständigkeit über Franchise-Unternehmen zu sichern, erweist sich als Trugschluss. Das Risiko tragen Sie ganz allein.

  • Auszeichnungen:
    Preise, die das Unternehmen gewonnen hat, weil es ein gutes Konzept anbietet, sind nicht sehr aussagekräftig. Oft sind die Institutionen, die diese Preise vergeben, relativ unbekannt oder nutzen die Preisverleihung, um selbst bekannter zu werden.

 
Ein Beispiel zu den Investitionskosten und laufenden Kosten im Bereich Büro- und Telefonservice zeigt, dass gerade im Bürobereich Mitarbeiter, die da operative Geschäft erledigen, diese hohen Investitionssummen mit erwirtschaften müssen.

Zusammenarbeit in Kooperationen – eine Alternative

Das Gründungsportale für Franchise werben, auch rund um die Bürodienstleistung ohne auf die Fallstricke aufmerksam zu machen, verwundert mich. Denn ich würde als Existenzgründer davon ausgehen, dass diese Berater sich mit den Chancen und Risiken der betreffenden Anbieter vertraut gemacht haben.

Bei all diesen Systemen begeben Sie sich in eine Abhängigkeit bei hohen Investitionskosten und vollem eigenem Risiko. Deshalb glaube ich, dass Franchise rund um die Bürodienstleistung weniger geeignet ist. Zusammenschlüsse von Bürodienstleistern sind auf anderer Ebene möglich, um sich fachlich auszutauschen.

Vernetzung vor allem regionaler Bürodienstleister ist möglich. Fachlicher Austausch, gegenseitige Hilfe und Informationen werden unter Kollegen und Kolleginnen unentgeltlich getauscht. Mit Kooperationen können Sie Ihre Angebotspalette oder die Ihrer Kooperationen ergänzen. Gemeinsame Marketingaktionen belasten das Budget weniger.

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